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Versandhandel in der DDR bis 1976


Auch in der DDR gab es Versandhäuser. Von 1956 bis 1974 wurde beispielsweise durch das "CENTRUM Versandhaus Leipzig" ein breites Sortiment DDR Bürgern angeboten. Warum 1976 aus das letzte Versandhaus seinen Betrieb einstellte, erklärte die DDR mit der verbesserten Versorgungslage Vorort, welche den Versandhandel entbehrlich machte.


Am 01.05.1956 wird das "Versandhaus Leipzig" gegründet, dessen Direktor bis 1968 Joachim Schippel war. 1969 wurde der Name in CENTRUM-Versandhaus geändert und ein neues Logo eingesetzt.

Schwerpunkte lagen in der Bildung eines bedarfsgerechten Warensortiments, in der Erhöhung der Versorgungsleistung gegenüber der Bevölkerung (speziell in den ländlichen Gebieten) sowie in der Kundenbetreuung und Werbetätigkeit. Dazu wurden Verkaufsstellen mit Bestellannahme eingerichtet und Versandhauskataloge erarbeitet. Bestellt werden konnte alles, was transportfähig war. Mode, Spielzeug, Technik, Geschirr, Bücher und vieles mehr.

Im Jahre 1967 laß man im "Leipziger Versandhauskatalog": "...Das reichhaltige Warenangebot mit 4.300 Warenpositionen wurde sorgfältig in monatelanger Arbeit ausgewählt und zusammengestellt. Es wurden gute Voraussetzungen geschaffen, Ihnen eine preisgünstige Auswahl zu bieten und die hohe Nachfrage für Versandhausartikel noch besser als zuvor zu erfüllen. Wir werden in der kommenden Saison täglich mehr als 8.000 Kunden zur Zufriedenheit bedienen können ...."

8.000 Kunden täglich war für damalige Zeiten in der DDR ein guter Wert. Aber es wurden noch mehr. Am 24.04.1968 fiel der erste Spatenstich für das neue Großversandhaus Leipzig im Norden von Leipzig. Als neuer Direktor wurde Dr. Fritz Loth eingesetzt und der bisherige Direktor des Versandhauses Leipzig, Joachim Schippel, wurde auf einen anderen Posten delegiert.

Es wurden insgesamt 270.000 Kubikmeter Mutterboden abgetragen. 90 Hektar unbebaute Stadtrandfläche wurde in der Nähe der Torgauer Straße für vier neue Großbetriebe des Handels und der Industrie abgesteckt. Damals eines der größten Bauvorhaben in der DDR. Ab 1.Mai 1966 wurden alle Fragen des Investitionsvorhabens "Großversandhaus Leipzig" durch das CENTRUM Versandhaus Leipzig eigenverantwortlich wahrgenommen.

Im Jahre 1968 wurden ca. 1,3 Millionen Kunden durch das CONSUMENT Versandhaus beliefert. Das Sortiment umfasste 1.280 Artikeln und 4.200 Bestellpositionen.

Ab 1968 liefen Bauarbeiten im Umfang von 20 Millionen Mark an, die ab 1969 auf jährlich 50 Millionen ansteigen sollten. Die anteiligen Gesamtkosten für das Großversandhaus betrugen nach damaliger Kalkulation 162 Millionen Mark. Das  bis Ende 1971 fertig gestellte Großversandhaus umfasste 2 Speziallagerhallen und ein Betriebsgebäude. Nach (für DDR Verständnis) modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungen wurde unter der Regie gut ausgebildeter Fachleute  gearbeitet. Neue Technik, elektronische Datenverarbeitung und moderne Prozeßorganisation sollten ein hohes Volumen bewältigen helfen.

In der ersten Ausbaustufe wurde bereits an gemeinsam benutzbare Versorgungseinrichtungen aller beteiligten Großbetriebe gedacht: Eine Großgaststätte sollte das leibliche Wohl bedienen und eine Poliklinik für die gesundheitliche Betreuung  zur Verfügung stehen. 180 Kindergarten- und 80 Kinderkrippenplätze wurden für die Kinder der Beschäftigten geplant.

Die staatliche Presse schrieb 1968: "...Der Katalog umfasst jetzt 140 Seiten im Großformat - 1972 wird der Umfang um ein mehrfaches erweitert sein. Das Leistungsvermögen dieses modernen Handelshauses - es kann gesagt werden: eines der künftig führenden Großversandhäuser Europas - wird die Kapazität und Versorgungsleistung unseres jetzigen Versandhauses um das fünf- bis Sechsfache übertreffen. Das alles sind sehr reale Pläne, ....."

Doch es kam alles anders. Denn schon 1971 wurde die Bautätigkeit auf Grund wirtschaftlicher Schwierigkeiten eingestellt, und es kam zur Stilllegung des Projekts. Der CENTRUM Versandhandel wurde bis zum 31. Dezember 1974 allerdings weiter geführt. Die Gründe für die Einstellung sehen viele in einer Verschlechterung der Versorgungslage. Was nicht ausreichend produziert wurde, konnte letztendlich auch nicht im Versandhandel beworben werden.

Das KONSUMENT VERSANDHAUS in Karl Marx Stadt (heute Chemnitz) führte seinen Betrieb bis 1976 weiter. Alte Kataloge werden heute bei eBay für bis zu 75 Euro gehandelt, je nach Erhaltungszustand.


Autor: nokiland


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Schlagwörter: Versandhandel Handel Konsum