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Waren in der DDR West-Computer verboten?


Sehr oft ist die Meinung zu lesen, in der DDR wäre der Handel oder gar Besitz von westlichen Heimcomputern oder generell Computer wie der Commodore C64, Amgia 500, Atari St und viele andere Geräte verboten gewesen. Ebenso hätten Omas oft Heimcomputer über die Grenze geschmuggelt.


Amiga 500 - in der DDR für viele Tausend Mark erhältlich
©flickr 
Ja, Rentner durften in der DDR in den Westen reisen und Urlaub machen. Auch so ein Detail, das vergessen wird. Die Reisefreiheit war für Kinder und Werktätige beschnitten, die dem Produktionsprozess nicht mehr zur Verfügung stehende Bürger durften das Land verlassen. Aber wo soll eine "Oma" bittschön einen Heimcomputer verstecken? Unter ihrem Rock, um den Bauch wickeln? Heimcomputer, ich reden von den Mitte bis Ende 80'er Jahren, durften eingeführt werden. Konnte man auf der Zollerklärung angeben. Sie waren nicht verboten. Weshalb mich Behauptungen wie folgende immer wieder zum Kopfschütteln anregen:

... Der "private Schwarzhandel" auf dem "freien" Markt regierte zwischen Bauelementen aus dem Westen, "Oma"-Importen von ZX-Spectrum, C64 usw. und den Risiken staatlicher Verfolgung. Es war eine heiße Zeit!...

Es war keine heiße Zeit, es war eine kostspielige Zeit. Man möge bei www.aus-der-ddr.de/kleinanzeigen/pc.html schmökern, original Kleinanzeigen aus der DDR-Zeit 1989 (LVZ, Leipziger Tageszeitung).


Viele West-Computer wurden täglich über lokale Kleinanzeigen verkauft - LVZ 1989
Viele West-Computer wurden täglich über lokale Kleinanzeigen verkauft - LVZ 1989 
Foto:RSM 

Mehrmals die Woche wurde ein Anzeigenteil präsentiert und jedesmal gab es PKWs, Technik, alles Mögliche und vor allem Heimcomputer zu kaufen. Die "Westcomputer" wurden offiziell per Kleinanzeigen gekauft, verkauft, getauscht. Ebenso die dazugehörigen West-Bücher und West-Software. Da war nichts verboten und eine "heiße" Zeit war es auch nicht.

Doch, "Der Preis ist heiß!", das Gefeilsche oder die Entscheidung, wann man welchen kauft, ob es am nächsten Tag keinen billigeren C64 in der Leipziger LVZ gab.

An anderer Stelle im Internet ist zu finden: "Die DDR verkaufte den Heimcomputer nur in ihren staatlichen Intershops, zu dem erhöhten Preis von 8.000 Mark. Im Westen kostete das Gerät ein Fünftel dessen. Eine Einfuhr von bespielten Datenträgern in die DDR war verboten, was den Nutzen des C64 einschränkte."

Es ist traurig, was unsere Kinder heute über die damalige DDR alles für einen regelrechten Blödsinn vorgesetzt bekommen. Der Intershop akzeptierte keine Mark, es wurde in D-Mark, Dollar oder Forum-Schecks gezahlt. Zur Not auch anderen westlichen Währungen. Der C64 kostete Anfang 1989 im "Westen" ca. 350 D-Mark. Im Intershop stand er zu einem ähnlichen Preis zur Verfügung, konnte je nach Umfang des Bundles aber auch mehr kosten.

Somit waren Kauf und Verkauf von West-Computern in der DDR weder verboten noch wurde es verfolgt. Original Software und Bücher waren ebenso verfügbar. Wenn man genug Westgeld hatte, konnte man sich den West-Computer auch im Intershop kaufen. Je nachdem, zu welchem Kurs man an Westgeld kam, war das eine bessere Lösung als der Kauf über Kleinanzeigen. In Leipzig kam jeder an Westgeld ran, wenn er wusste wo. Der Tauschkurs entwickelte sich 1986 bis 1989 von 1:6 bis 1:8. Das Westgeld kam von den vielen Ausländischen Studenten der Universitätsstadt und vorwiegend Italienern oder Algerier, welche ständig in Leipzig lebten. War das Visum abgelaufen, machten sie kurz nach Westberlin zurück und reisten erneut ein. Mit dem Tausch von D-Mark in DDR-Mark führten sie ein tolles Leben.

Da Leipzig als Messestadt 2x jährlich viele Besucher aus dem Westen verzeichnete, kam ständig D-Mark in die Stadt. Viele West-Besucher wohnten privat bei Familien und nahmen das Angebot, DDR Mark zum Kurs von 1:2 zu erwerben, dankend an. Denn der West-Bürger musste offiziell zum Kurs von 1:1 tauschen.

Wer genug Geld hatte, konnte sich letztendlich so oder so, da oder dort einen West-Computer kaufen, ohne verfolgt zu werden.

Eines war und ist aber auch heute noch verboten: Der gewerbliche Verkauf von Waren über Kleinanzeigen als Privatperson. Wer beispielsweise D-Mark per 1:2 tauschte um im Intershop gekaufte Heimcomputer mit dickem Gewinn zu verkaufen, musste sich nicht wundern, wenn der Staat ihm auf die Finger klopfte. Das war aber kein DDR Unrecht, sondern Wirtschaftsrecht aus einem gemeinsamen Deutschland von vor 1949. Wer gewerblich ohne Gewerbeanmeldung sich geschäftlich betätigte und keine Steuern abführt, dem drohte Strafe, das war auch im Westen und so und daran hat sich bis heute nichts geändert.

Als kleine Referenz für Angebote und Preise in der DDR hier ein Auszug von Kleinanzeigen aus dem Jahr 1989:

  • Atari 130 XE u. Floppy, 1050 u. Dates. u, Joystik u. Softw. für alle Bereiche zus. 8000,-
  • Computer ZX 81 mit Zubehör 1100,- verk.
  • Commodore plus 4, m. Datasette 3500,-, Floppy (1551) 3750,-, 5 Disketten mit Softw. 250,-, Buch (alles über 4) 300,-, Buch Effektiv u. Kreativ, 250,-
  • Verkaufe Kleincomputer Z 1013 mit RAM-Erweiterung (geS.32K), Software u. Lit. 950,-, Walkman "CROWN" 250,-, Taschenrechner 50,-
  • ATARI 800 XL m. Floppy XF55, 1 DATAS. XC12, 2 Joyst., 30 Disk. m. Progr. u.v. Literatur, zus. für 8000,- zu Verk
  • C 128 D, m. div. Spielprogr., Lit., Joyst., 9000,-, Stereoanl. HMK 100, unben. (Tuner, Verst., Plattensp.) 3300,-
  • Atari 800 XI, Datasette XC 12, Joystick, 5Programmkass. für 3100,-
  • Commodore Plus 4, Datasette. Joyst., viel Lit. und Progr. 2350.-
  • Commodore 128 D mit Monitor u. 30 Disketten 9500,-
  • Floppy 1551 für C 16/C 116 / Plus 4 mit 4 Disketten, auf Wunsch mit Software 3450.-.
  • Atari 130 XE Rec., XC 12, Joyst., Lit. sowie viel Spiel- u. Nutzerprogr
  • Verk. Atari 800 XL, Datas., Joyst. 3700,-
  • Commodore Plus 4. 2 Joystick, 100 Spiel- u, Anwenderprogramme. Junost als Monitor 5000,- u. div. Literatur verk.

Autor: nokiland


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Schlagwörter: Technik Computer Intershop