Themen | Alltag

Was wäre, wenn es in der DDR das Internet gegeben hätte?


"Was wäre in der DDR geschehen, wenn das Internet 1980 in der heutigen Form existiert hätte, mit dem Stand und den Möglichkeiten von heute?" lautet eine Frage, die ich gerade im Internet fand. Und die Antworten verwundern etwas. Wie hätte das Medium "Internet" die DDR ihrem Ende zuführen können, was das Medium "Westfernsehen" Jahrzehnte lang nicht vermochte?


DDR Rechentechnik
In den Antworten zu dieser Frage kam so ziemlich alles zur Sprache. Es gäbe in den privaten Haushalten der DDR keine Computer, abgesehen von einigen elitären Personen. Schon bei dieser Aussage sträubt sich einem das Fell. Die DDR Heimcomputer waren in den Anfangsjahren der Produktion kaum zu bekommen, am Ende standen sie jedoch als Ladenhüter in den Schaufenstern. Das kenne ich aus Leipzig 1989. Es war besser, Westgeld zu tauschen und dafür im Intershop einen Commodore, Amiga oder Atari zu kaufen.  Alternativ konnte Oma oder Opa einen Computer aus dem Westen mitbringen. Rentner hatten in der DDR Reisefreiheit, so gern man diesen Umstand auch unter den Tisch fallen lässt.

Aufschlussreich sind auch die Kleinanzeigenteile der damaligen Zeitungen und Zeitschriften. Was da in wenigen Tagen allein in Leipzig regelmäßig verkauft wurde, zeichnet ein anderes Bild. Heimcomputer waren in der DDR nicht billig, aber keine Mangelware. Wer genug Geld hatte, was ich betone, konnte sich jeden Tag spontan einen Computer kaufen. Nur weil wir uns heutzutage keinen Porsche leisten können, ist er ja auch keine "Mangelware".

Und es gab eine rege Computer-Gemeinschaft. Gefördert vom Staat. Die Zeitschrift "Jugend & Technik" veröffentliche jahrelang Bauanleitungen für Heimcomputer, half bei der Programmierung. Im Handel gab es Leiterplatten zu kaufen, die nur noch bestückt werden mussten. In der DDR lernte jeder seinen Computer mit BASIC oder Assembler zu füttern. Gespielt wurde auch, aber das Interesse an der Hardware und Programmierung war ausgeprägter als bei der heutigen "Gameboy Generation". Technisch betrachtet, seitens der User, hätte es in der DDR also durchaus ein Internet geben können.

Andere meinen, selbst wenn es technisch möglich gewesen wäre, bliebe es ein stark kontrolliertes Medium wie in China. Und eine andere Fraktion ist überzeugt - das Internet hätte die marode DDR noch früher zu Fall gebracht. Das ist so jedoch falsch gedacht. Ein Internet in der DDR hätte den Staat Milliarden Mark sparen lassen. Warum? Weil es einfach zu kontrollieren ist. Jede subversive Meinung kann im Ansatz detektiert und entsprechend "behandelt" werden. Wenn ich kritisch über Deutschland rede, bin ich ganz schnell im Fadenkreuz des BND. Meine Postings werden überwacht, meine Mails abgefangen. Ganz im Rahmen der heutigen Gesetzte. Wenn ich mich über eine Firma xyz aufrege, bekommt sie es mit und kann mir durch einen Anwalt meinen Mund verbieten lassen. Würde ich heute zu Protesten aufrufen und Demonstrationen organisieren, bliebe das nicht unbemerkt. Heute müssen die Ermittler nicht mehr so viel Geld in V-Männer oder IMs investieren. Sie kontrollieren einfach das Internet und wissen gleich, wo sich was regt. Ein Internet in der DDR hätte nicht den Fall der DDR zur Folge gehabt, sondern würde der Stasi in die Hände spielen.

Und nicht zu vergessen - wer die Medien kontrolliert, kontrolliert die öffentliche Meinung. Das Internet der DDR wäre ein Propaganda-Medium gewesen. Konspirative Möglichkeiten gäbe es nur für die Kontrolleure, der Stasi. Jeder Andere, der staatsfeindliche Äußerungen von sich gibt, wäre noch schneller im Fadenkreuz als es damals möglich war. Hätte es das Medium "Internet" damals schon für die breite Masse gegeben, wäre die DDR dessen Befürworter. Weniger Ausgaben für die Stasi bedeutete mehr Kapital für Soziales.


Autor: nokiland


Facebook