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Neuerer - die DDR-Version des Betrieblichen Vorschlagswesens



Teil 2: Das Neuererkollektiv - die organisierte Innovation


Die DDR förderte Vorschläge zur Verbesserung von Arbeitsabläufen, der Verbesserung von Maschinen und Anlagen, Ideen zur Einsparung von Material und zur Rationalisierung durch die Werktätigen. Komplexe Rationalisierungsmaßnahmen erforderten aber oftmals das Zusammenarbeiten mehrerer Wissenbereiche.


Eine zufriedene Brigade
©RSM 
Neuerer formierten sich oft zielgerichtet in sogenannten Neuererkollektiven. Zielstellung war die organisierte Zusammenarbeit bei größeren oder auch branchenübergreifenden Projekten. Angestrebt war eine gemischte Beteiligung von Arbeitern, Angestellten und Ingenieuren. Ein gemischtes Team ist eher in der Lage, komplexe Neuerungen eigenständig zu planen und umzusetzen. Die steigende Anzahl der Neuererkollektiven ab 1970 liegt in der Reformierung des Neuererwesens begründet. Eine organisierte Nutzung des Potenziales der Neuererbewegung gehörte zur neuen Richtlinie. Ein Erfinder allein kann kleinere Dinge verbessern, ein Neuererkollektiv, bestehend aus Ingenieuren, Forschern und Produktionsarbeiter ist hingegen in der Lage auch komplexe Rationalisierungsmaßnahmen zu realisieren. Gezielte Neuerervereinbarungen, die Lösungen eines komplexen oder übergreifenden Problems anstrebten, waren Mittel der Betriebe um die Modernisierung von beispielsweise Produktionsanlagen in die eigene Hand zu nehmen. Motiviert wurde der Wille zur Gründung oder dem Beitritt in ein Neuererkollektiv durch neue Vergaberichtlinien von Neuererverträgen. Lukrative Neuererverträge wurden nur noch mit Kollektiven abgeschlossen. Der einzelne Neuerer konnte zwar weiterhin Vorschläge machen, die angenommen oder abgelehnt wurden, eine gezielte Vergabe von "Erfinder-Aufträgen" fand aber nur an ein Kollektiv statt.

Einen Neuerervorschlag, eine Erfindung, konnte jeder im Betrieb einreichen, egal ob Putzfrau, Meister, ein Neuererkollektiv oder ein Arbeiter aus der Produktion. Und so geringfügig die Neuerung oder Verbesserung auch war, sie wurde auf Wirtschaftlichkeit geprüft und ohne Ansehen der Person bewertet. Im Jahre 1988 wurden ca. 440.000 Neuerervorschläge mit einem Nutzen von mehr als 6,16 Milliarden Mark registriert. Die Entwicklung der Nutzen zeigt die nachfolgende Tabelle:

Wichtiger als der Nutzwert war für viele die gesellschaftliche Anerkennung und die Möglichkeit, selbst und aktiv das Arbeitsleben zu verändern. Das "Amt für Erfindungs- und Patenwesen" brachte regelmäßig zum Preis von 3,- Mark über den Verlag "Die Wirtschaft" die Zeitschrift "Der Neuerer - Zeitschrift für Erfindungs- und Vorschlagswesen" heraus.

Das Amt für Erfindungs- und Patentwesen der DDR, abgekürzt "AfEP", war ein Organ des Ministerrats für die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben auf den Gebieten der Neuererbewegung, der Erfindertätigkeit und des Patent-, Muster- und Zeichenwesens. Wie vieles andere auch wurde die Zeitschrift bereits vor der Wiedervereinigung mit der Ausgabe 4/1990 eingestellt und der "Geist der Neuerer" ging mit dem Verkauf der Betriebe und Kombinate weitestgehend verloren.


Autor: nokiland


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Schlagwörter: Neuerer Neuererbewegung Neuererverordnung Neuerervorschlag Neuererkollektiv


Teil 1: Neuerer - die DDR-Version des Betrieblichen Vorschlagswesens
Teil 2: Das Neuererkollektiv - die organisierte Innovation