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Das Quelle Versandhaus und die Wirtschaftshilfe aus der DDR


Wenn man sich die Geschichte des Quelle Versandhaus anschaut, mag man nicht glauben, dass gerade die sozialistische DDR zu einem Stützpfeiler dieses Konzerns wurde. Doch ohne die in der DDR billig produzierten Geräte für die Hausmarke "Privileg", hätte Quelle seiner Kundenschaft nicht die bekannten Top Preise offerieren und somit weitere Marktanteile sichern können.

Die Quelle GmbH war ein deutsches Versandhaus. Das Unternehmen wurde am 26. Oktober 1927 von Gustav Schickedanz (1895-1977) in Fürth gegründet. Im November 1932  trat Schickedanz der NSDAP bei. Aufgrund seiner Parteizugehörigkeit zur NSDAP profitierte er von der damaligen Arisierung und der Enteignung jüdischer Geschäftsleute. So kam er im Jahre 1935 unter anderem in den Besitzt der Rechte an der Marke "Tempo" und dem Unternehmen.

Nach dem Krieg wurde 1945 von den Alliierten gegen Gustav Schickedanz ein Berufsverbot verhängt und sein Eigentum beschlagnahmt. Er wurde zur Zwangsarbeit in einem Lager verurteilt, aus welcher er 1948 bereits entlassen wurde. Im Entnazifizierungsverfahren wurde Gustav Schickedanz als Mitläufer eingestuft. Die Entnazifizierung war eine Zielsetzung und ein Maßnahmenbündel der Vier Mächte nach ihrem  Sieg über das nationalsozialistische Deutschland, die ab Juli 1945 umgesetzt wurden. Nach dem Potsdamer Abkommen sollten die deutsche und österreichische Gesellschaft, Kultur, Presse, Ökonomie, Jurisdiktion und Politik von allen Einflüssen des Nationalsozialismus befreit werden.

In einzelnen Fällen überwogen jedoch wirtschaftliche Aspekte und ehemalige Nationalsozialisten dürften ihre Posten wieder aufnehmen oder erhielten, wie Schickedanz, sein Quelle-Unternehmen zurück. Obwohl in der Anklage seine nachweißlich "hervorragenden Beziehungen" zur örtlichen NS-Gauleitung erwähnt werden und die Rede davon war, dass von seinem damaligen Vermögen von 9,3 Millionen DM über 7 Millionen aus jüdischem Besitz stammten.

Das Land brauchte eine funktionierende Wirtschaft nach all den Zerstörungen der Kriegszeit. So verwundert es nicht, dass Gustav Schickedanz dank alter Seilschaften und  wirtschaftlicher Erwägungen 1949 rehabilitiert wurde und die Vollmacht über seine Unternehmen zurück bekam. Damit nicht genug, 1952 wurde Gustav Schickedanz von der Stadt Fürth geehrt und 1959 zum Fürther Ehrenbürger ernannt. Der Bayerischen Verdienstorden folgte 1961. Dass er als nationalsozialistischer Großunternehmer von der Enteignung jüdischer Unternehmen profitierte und erst dadurch sein Aufstieg ermöglicht wurde, interessierte niemand mehr.

Auch der DDR Führung war dieses Makel egal. Große DDR Kombinate wie Robotron, RFT, Mühlhausen oder Carl Zeiss Jena verkauften hochwertige, von DDR Bürgern produzierte Wirtschaftgüter, an Quelles Hausmarke "Privileg". Wer heute behauptet, Produkte aus der ehemaligen DDR waren von minderwertiger Qualität gewesen und auf dem  Weltmarkt nicht überlebensfähig, weiß nicht wovon er redet. Ein großer Teil der von Quelle angebotenen technischen Produkte waren Produkte aus der DDR: Schreibmaschinen, Kühlschränke, Haushaltstechnik, Werkzeuge, Rundfunktechnik und vieles mehr. Die von Robotron entwickelte und produzierte Schreibmaschine "Erika electronic S3006" wurde beispielsweise von Quelle als "Privileg electronic 1400" in der BRD verkauft. Dieses Produkt auf Weltniveau wurde 1989 in der DDR für 3.200,00 DDR-Mark verkauft. Und man glaubt es nicht, auch Computer, Schachcomputer, Kameras und Hi-Fi Geräte aus der DDR fanden in der westlichen Welt unter anderem Namen reissenden Absatz. Vor 20 Jahren werkelte in fast jedem Haushalt der Bundesrepublik irgendein Produkt unerkannt aus der DDR.

Während in der DDR der Werktätige tausende DDR Mark für eine gute Hi-Fi Anlage bezahlen musste, konnte der BRD Bürger sich das selbe Produkt, unter anderem Namen, für erheblich weniger D-Mark bequem vom Sessel aus bestellen. Wenn heute ein Bewohner aus den alten Bundesländern besserwisserisch behauptet, in der DDR herrschte eine totale  Mangelwirtschaft, sollte er einmal seine Eltern fragen, wo die Produkte aus der DDR bevorzugt landeten. Beispielsweise war "ZEKIWA" Europas größter Hersteller für  Kinderwagen.

Im Quelle-Katalog waren diese Produkte gern gesehen. Es ist unverständlich wie die DDR Führung, welche einen hohen moralischen Anspruch öffentlich verfocht und eine Kooperation mit dem Klassenfeind ablehnte, gerade einen Konzern belieferte, der bereits im 3. Reich von der Arisierung und Enteignung jüdischer Unternehmen profitierte


Autor: nokiland


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Schlagwörter: Quelle Zekiwa Robotron Wirtschaft Außenhandel