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Typisch DDR



Teil 3: Der Ossi kann alles...?


Eine konsumbedingte Eigenschaft des Ossis ist seine Kompetenz in Sachen Technik und handwerkliche Fertigkeiten.


Viele DDR BĂŒrger waren wahre Fachleute auf mehreren Gebieten. Zu nennen ist beispielsweise mein Vater. Renovierungsaufgaben? Mein Vater konnte tapezieren, elektrische Leitungen verlegen, Klempner Arbeiten ĂŒbernehmen, Radio und FernsehgerĂ€te reparieren, mir als 8 jĂ€hrigen die Welt erklĂ€ren und spielte vorzĂŒglich Schach. NatĂŒrlich konnte er schweißen und mit Holz umgehen, Glaserarbeiten leisten und vieles mehr. Elektronische GerĂ€te wurden bei uns in der Familie beispielsweise nach dem "try & error" Prinzip repariert, bis man aus dem "FF" wußte, wo der Fehler am Schopfe zu fassen ist.

Schon damals warfen einige Leute vermeintlich nicht mehr reparierbare Kassettenrecorder, Radios oder Fernseher weg. In jedem Wohnbezirk gab es kostenlose und öffentlich zugĂ€ngliche SperrmĂŒllkontainer fĂŒr Möbel, GerĂ€te und HaushaltsgegenstĂ€nde, Lampen und vieles mehr. Die SperrmĂŒllplĂ€tze darf man sich nicht als Schandfleck im Wohnbezirk vorstellen. Sie wurden regelmĂ€ĂŸig geleert und besenrein hinterlassen. Als Kind war der SperrmĂŒllcontainer mein "Jagd-Revier", wo es alles kostenlos gab. Oft schleppte ich FernsehgerĂ€te nach Hause und mit meinem Vater reparierte ich diese. Bei RöhrengerĂ€ten war das einfach. Entweder glĂŒhte eine Elektronenröhre oder nicht. Mit der Zeit schnappte ich Begriffe auf wie "Zeilentransformator", Gleichrichter oder Kathoden-Spannung. Woher mein Vater, ein einfacher Schlosser und spĂ€terer Transportarbeiter bei der Reichsbahn, das alles wußte, war mir nicht klar und ich fragte auch nie. Aber es war beeindruckend.

Mit 14 Jahren war ich in der Lage, FernsehgerĂ€te zu reparieren. Kassettenrecorder waren auch nicht komplizierter. Mein Vater ging systematisch vor. Immer zuerst die Stromversorgung prĂŒfen. Wenn sich garnichts zuckt, ist es entweder der Ein-/Ausschalter, der Transformator oder die Gleichrichterschaltung mit der handvoll Dioden und Kondensatoren. Das ist mit einem Voltmeter einfach zu prĂŒfen. Je nach Symptomen wurde weitere Komponenten getestet, und sei es durch Einbau eines funktionierenden Tonkopfes oder Regelteil. Bis das GerĂ€t wieder lief. Vereinfacht wurde die Reparatur durch einen fast standardisierten Aufbau der GerĂ€te. Viele hatten identische Baugruppen ĂŒber Jahre lang verbaut.

Diese Eigenschaft vieler ehemaliger BĂŒrger der DDR, fast alles selbst zu machen, bewerte ich positiv, auch wenn diese Eigenschaft damals oft aus der Not heraus geboren wurde.


Autor: nokiland


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Teil 1: Typisch DDR
Teil 2: Der Ossi ist sparsam
Teil 3: Der Ossi kann alles...?
Teil 4: Der Ossi improvisiert statt zu verzweifeln
Teil 5: Elektronik - ein Lieblingshobby des Ossi
Teil 6: Ossi-MentalitĂ€ten und Eigenheiten fĂŒr die deutsche Zukunft