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Der Schwarzmarkt in der DDR



Teil 1: Der Schwarzmarkt in der DDR


Der "Schwarzmarkt“ war eine illegale Ansammlung fliegender HĂ€ndler ohne Gewerbegenehmigung an bestimmten Orten in grĂ¶ĂŸeren StĂ€dten oder bei SehenswĂŒrdigkeiten. In Leipzig, vor der BlechbĂŒchse, standen den ganzen Tag zig bis hunderte fliegende HĂ€ndler mit ihrem "Bauchladen“ und boten Westprodukte an. Sachen wie GĂŒrtel, Schminke, Musikkassetten, Sticker und vieles mehr. Es war verboten und sobald die Volkspolizei eine Razzia machte, verschwanden die HĂ€ndler in alle Richtungen.

Der Autor selbst war ein sogenannter "Schwarzmarkt-HĂ€ndler" und weiß einiges zu berichten. GrundsĂ€tzlich war der fliegende Handel ohne Gewerbeerlaubnis keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit. Nur mit einem Unterschied zu heute: die Ware wurde eingezogen. Und bei einem Warenwert von bis zu mehreren Tausend Mark war die Konfiszierung natĂŒrlich schmerzlich. Ein Ordnungsgeld von 100 Mark hĂ€tte jeder lĂ€chelnd bezahlt, aber der Verlust der Ware war schmerzlich.

Der Schwarzmarkt bestand anfĂ€nglich aus polnischen BĂŒrgern. Die Polen durften zwischen Polen und Westeuropa pendeln. Sie kamen an Waren heran, die es in der DDR nicht gab. Und diese Waren verkauften sie auf dem DDR-Schwarzmarkt gegen gute DDR Mark. Mitte der 80-ziger Jahre begannen DDR BĂŒrger bei dem Treiben mitzumischen. Ich kam beispielsweise durch einen Polen, Marek und seine Oma, ins GeschĂ€ft. Marek sagte: "Warum Du arbeiten fĂŒr 800 Mark bei Kirow, wenn Du hier viel mehr verdienen kannst? Du bekommst bei mir gute Preise und kannst alles mit Gewinn verkaufen!".

Das war mein Einstieg. Ich investierte 500 Mark, war im GeschĂ€ft nach der Arbeit und vervielfachte den Einsatz. Ich kaufte bei Marek Textilien und Sticker. Die Sticker waren der Hit. FĂŒr 3 bis 5 Mark hunderte weiße gekauft und fĂŒr 7 bis 20 Mark weiter verkauft. Das Risiko war natĂŒrlich: wenn die Polizei eine Razzia machte und Dich verhaftet, war die Ware weg.

Es dauerte nicht lange und ich verdiente mehr als mein Vater. Ich gab meine Arbeit auf, was mein Vater natĂŒrlich nicht tolerierte. In der DDR ging jeder arbeiten. Die Arbeit gehörte in der DDR zum Leben wie das Salz zum Schmalz. Wer nicht arbeitete, war ein "Assi". Damals, als Jugendlicher, war ich lieber ein Assi mit mehreren Tausend Mark in der Tasche, als ein "Held der Arbeit" mit 800 Mark. Heute empfinde ich das alles als eine gute Erfahrung, aber gebe meinem Vater Recht: Es war schnelles Geld, nicht „reell“. Ich wĂŒnsche mir nicht, dass mein Sohn das "Schnelle Geld" der ehrbaren Arbeit vorzieht.

Die Schwarzmarkt-HĂ€ndler hatten mehr Geld als sie ausgeben konnten, aber krĂ€nkelten oft an ganz profanen Problemen. Der Vater meines Freundes Dennis fand das Treiben auch nicht super. Unsere Eltern warfen uns raus. Hart und bitter war der Spruch: "Du bist nicht mehr unser Sohn!". Nur weil wir unser Geld auf unsere Weise verdienten, als HĂ€ndler, wurden wir stigmatisiert von der eigenen Familie. Wir hatten Geld, aber keine Wohnung. Wir trieben uns jeden Tag in den besten Diskos und Kaffees der Stadt herum und mussten in Nobel-Hotels ĂŒbernachten, die sich sonst nur finanzstarke Wessis leisten konnten. Aber wehe, es war in der Stadt eine Messe oder ein sonstiges Event und alle Hotels waren ausgebucht. Dann hatten wir tausende Mark und mussten in der Bahnhofs-Mitropa ĂŒbernachten. Da ist mir Magdeburg und Leipzig in Erinnerung. All Dein Geld half nichts. Die Eltern haben Dich raus gesetzt und die Hotels waren voll.

Es gab allerdings eine Lösung, die nur nicht immer funktionierte. Du gehst in die Disko mit dem Vorsatz ein MÀdel abzuschleppen. Hattest Du ein MÀdel, hattest Du eine Bleibe. Einmal ging es bei mir schief. Am nÀchsten Tag war mein Geld weg - es hÀtte angeblich die Freundin des MÀdels gestohlen. Und 2 Wochen spÀter traf ich sie in derselben Disko mit der Hiobs-Botschaft, dass ich Vater sei. Das Gute: es war ein Witz, das Schlechte: mein Geld blieb verschwunden.



Autor: nokiland


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Schlagwörter: Schwarzmarkt Wirtschaft


Teil 1: Der Schwarzmarkt in der DDR
Teil 1: Der Schwarzmarkt in der DDR
Teil 2: Warum funktionierte der Schwarzmarkt in der DDR?